Im 18. Jahrhundert entwickelte sich eine weltweit einzigartige Tradition, die noch heute in den sogenannten „Riuraus“ ihre architektonischen Spuren hinterlassen hat.
Die Weinbauern entwickelten eine besondere Technik, äußerst schmackhafte Muscatel-Rosinen herzustellen. Statt die Weintrauben einfach in der Sonne zu trocknen, wurden sie zunächst ganz kurz in kochendes Wasser getaucht, das man mit Ätznatron versetzt hatte. Den Prozess des Überbrühens nannte man „escaldar“ und er diente der Entwässerung der Trauben. Anschließend wurden sie gehäutet, damit sie besser trocknen konnten. „Escaldar“ und Häutung machten die Trauben hochempfindlich gegenüber Regen und Feuchtigkeit, weswegen man sie auf großen Schilfmatten in den sogenannten Riuraus zum Trocknen auslegte. Diese typischen, rechteckigen Bauten waren entweder an das Haupthaus angeflanscht oder standen als Nebengebäude separat. Bögen öffneten sich wie Augen, „ojos“, und ließen die Konstruktionen wie eine überdachte Terrasse erscheinen. Hier wurden im Herbst die Trockengestelle für die präparierten Weintrauben aufgestellt, so dass die Früchte bei guter Durchlüftung geschützt vor Regen zu Rosinen reifen konnten.
Das Aroma der derart hergestellten Trockenfrüchte war einmalig und dementsprechend waren sie weithin begehrt. Für die Bauern der Region eine lukrative Einkommensquelle, der Export florierte. Im 19. Jahrhundert zählten Großbritannien, USA und Kanada zu den Hauptabnehmerländern, im 20. Jahrhundert kam das Geschäft unter anderem wegen Schädlingsplagen zum Erliegen. Die Riuraus wurden nicht mehr gebraucht und verfielen. Heute gibt es nur noch wenige Bauern, die die Rosinen nach traditioneller Art produzieren, da der Aufwand sehr hoch ist.
Inzwischen hat man den Wert der alten Traditionsgebäude erkannt und als Teil des eigenen, ländlichen Kulturgutes wieder entdeckt. Zwölf Orte, darunter Jávea, Xaló, Benissa, Pedreguer und Poble Nou de Benitatxell, haben sich 2014 zusammengeschlossen, um die einmaligen Architekturen zu erhalten und wieder zugänglich zu machen. Die Gebäude sollen restauriert und entlang einer Riurau-Route Touristen für die landwirtschaftliche Tradition sensibilisiert werden. Die „Rosinen-Kathedralen“, die „catedrales de la pasa“, wie sie von den Einheimischen liebevoll genannt werden, gehen einer neuen Wertschätzung entgegen.
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